19.09.2001 Heute ist er nur noch ein Museum, die „Mönche“ haben unter der Kutte das Parteiabzeichen dran. Wir besuchen den oberen Roten Palast, viele Räume sind für uns verschlossen, in den wenigen mächtigen Zimmern stehen 13 wertvolle Stupas, sie fungieren als Grabstätte für die verstorbenen Dalai Lamas. Neben vielen Buddha-Statuen finden wir viele alte Schriften. Im Thronzimmer hängen Bilder vom ersten bis zum 13. Dalai Lama.

Das Bild des vom tibetischen Volk geehrten und geliebten jetzigen 14. Dalai Lama, von seinen Freunden genannt Kundun, der mit richtigem Namen Tenzin Gyatso heißt und am 6. Juli 1935 geboren wurde und seit 1959 in Dharamsala in Indien im Exil leben muss, wurde von den Parteigenossen entfernt und man hat hohe Strafen ausgesetzt bei Einfuhr oder Veröffentlichung seiner Fotos, auch den Touristen drohen Repressalien. Unser Führer Tenzin warnt uns vor versteckten Kameras und Mikrofonen, auch in deutsch sollen wir vorsichtig sein, was wir hier sagen.

Nachmittags besuchen wir das kleine sehr reinliche schmucke und von Blumen übersäte Nonnenkloster, die Anni Gompa in der Nähe unseres Hotels gelegen. Hier leben, arbeiten und beten zur Zeit 103 Nonnen. Bezahlt und gesponsort wird die Nannery durch die eigene Familie und Spenden der Tibeter. In einem kleinen Gebetsraum entdecken wir ein kleines Foto des geliebten 14. Dalai Lama. Im Arbeitssaal fertigen die kahlrasierten Frauen Gebetsmühlen an, kleben Gebetssprüche aneinander und rollen diese in die Mühle ein, andere spinnen Wolle an kleinen Handspindeln, wir bewundern die fleißigen und tapferen Nonnen.

Später besuchen wir den im 7. Jahrhundert errichteten, mit 1300 Jahren ältesten Tempel auf dem Gebiet von Lhasa, den Jokhang Tempel, der von vielen Pilgern besucht und verehrt wird, auch hier leben noch „echte“ Mönche. Um den Tempel zieht sich der Barkhor, der Pilgerweg durch die engen Gassen der wenigen original erhaltenen tibetischen Häuser der Altstadt Lhasas.

Abends schlendere ich noch zum Abschied durch den Park mit dem Dragon King´s Pool, hinter der Potala gelegen. Alle Menschen hier strahlen einen an, grüßen freundlich und sind sehr bemüht, einem zu helfen, einen Platz anzubieten... Es gibt viele Bettler, bettelnde Kinder und Krüppel meist an den Eingängen der Tempel. Aufdringliche Händler gibt es nur an Touristentreffpunkten, wie den Parkplätzen vor den Klöstern. In den Tempeln wird den Göttern Butter für die unzähligen Butterlampen und Kleingeld geopfert, meist die kleinen ½ Yuan-Cent-Scheine (0,3 – 0,6 Pfennig), in Tibet gibt es kein Hartgeld, nur im „richtigen“ China.

An allen Straßen liegen beidseitig Ladengeschäfte, davor extra noch fliegende Händler, die massenhaft echte und gefälschte Kunstwerke zu Spottpreisen anbieten, handeln und feilschen ist Pflicht und gehört dazu, meist kann man das Gewünschte für weniger als die Hälfte erwerben. Auch ist Lhasa im Vergleich zu Kathmandu viel sauberer, obwohl es teilweise ín den kleinen Gassen noch elend stinkt. Es gibt aber eine Kanalisation und abends werden die Straßen gefegt von Straßenreinigungsbrigaden.

Beim Besuch eines neuen Wohngebietes bemerken wir hohe Mauern und eiserne Tore, die Hotels sind ebenso bewehrt, die Fenster im Erdgeschoss und ersten Stock vergittert. Ebenso gibt es in Lhasa einige Gefängnisse, in denen viele tibetische Widerstandskämpfer erniedrigt und gefoltert werden. Die Staatsmacht in Uniform und in Zivil ist überall präsent und führt sich als Besatzer auf. Die Kinder müssen täglich bis zum Abend in die chinesischen Schulen gehen, wo sie kommunistisch erzogen werden, bis vor kurzem war es sogar noch verboten, dort die tibetische Muttersprache zu sprechen.

In Tibet werden Millionen Chinesen aus Groß-China angesiedelt, mit dem Ziel, das tibetische Volk zu schwächen und zu minimieren, so leben heute schon mehr Chinesen als Tibeter hier. Die alten Häuser werden systhematisch abgerissen und von kommunistischen Plattenbauten ersetzt. Es gäbe noch weit mehr zu berichten, es würde den Rahmen des Berichtes sprengen. Abschiedsabendessen in einer kleinen preiswerten Kneipe für Einheimische – es gibt Nudelsuppe und Yakfleisch, äußerst scharf, dazu süßen Milchtee, für alle vier bezahlen wir 10 Yuan, 2,85 DM.


 



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