13.09.2001 Wir fahren auf endlosen Serpentinen die Bergtäler auf und ab meist in einer Höhe zwischen 700 und 1500 m, vorbei an vielen Reis- und Gemüsefeldern, es gibt etliche Erdrutsche und Steinschlagstellen an den sehr steilen Hängen. Wir sehen unterwegs viele ärmlichen Hütten und Verschläge. Irgendwann ist die Fahrt zu Ende, der Hang mit der Straße in der Tiefe verschwunden, Endstation für unseren Nobelbus. In langen Schlangen warten Lastkraftwagen geduldig auf die Weiterfahrt. Von jedem Reisenden werden 700 Rupies eingesammelt für den Transport des schweren Gepäcks über die Geröllhänge, uns kommt das etwas viel vor.

Als wir aussteigen, umringen uns hunderte Nepalesen und strahlen uns an, berühren uns und jeder will sich etwas Geld verdienen. Es entbrennt eine heftige Schlacht um unsere Rucksäcke auf dem Dach des Busses, jeder versucht, ein Gepäckstück zu ergattern, auch einige Frauen sind hier als Trägerinnen. Sie verrichten meist auch sonst die schwersten Arbeiten, schleppen schwere Steine oder den Kies aus den Flussbetten hoch, während die Männer die eher leichteren Tätigkeiten übernehmen oder sogar neben ihnen hergehen ohne Last. Nachdem glücklich alles auf den Rücken der Träger verstaut ist, laufen wir los über den Abbruch, jeder hat dabei sein Gepäckstück im Auge. Ein einsamer Bagger versucht, den riesenhaften Bergrutsch zu beseitigen, es sieht so aus, als ob das noch Monate dauern würde.

Nach 3 km Klettern über die von herabstürzenden Geröllmassen verschüttete Straße steht auf der anderen Seite ein neuer Bus für uns bereit, der uns bis zur nächsten Abbruchstelle fährt, die aber so aussieht, als wenn sie seit Jahren nicht oder sogar noch nie von Fahrzeugen befahren wurde. Es kommen wieder neue Träger, die von unserem Führer einen Zettel für das Gepäck bekommen, vielleicht für späteren Lohn. Die Straße ist jetzt extrem steil, schmal und geröllig mit tiefen Fluss-Furten, Schlammlöchern und immer neuen frischen Berghangabstürzen.

Endlich erreichen wir in einem LKW, die Frauen vorn beim Fahrer und die Männer hinten auf der Plattform, den nepalesischen Grenzort Kodari. Wir essen Mittag und unser Führer regelt inzwischen die Zollformalitäten, wir müssen jeder eine nepalesische Zählkarte ausfüllen. Dann endlich laufen wir im Regen über die berühmte „Brücke der Freundschaft“ zum ersten Posten, Ausweise, Gruppenvisum (auf unserem steht noch der kanadische Zahnarzt mit drauf), der LKW mit unseren Rucksäcken kommt nach. Alle steigen wieder ein und wir fahren noch ein kleines Stück, am Anfang dicht zwischen den Häusern von Kodari. Bald kommt ein Hang von 100 Höhenmetern, den wir gemeinsam mit den Gepäckträgern erklimmen müssen.

Oben erwarten uns im beginnenden Platzregen Jeeps, die uns erstmal bis zwei km vor Zhangmu, dem tibetischen Grenzort, bringen. Ein Soldatenposten stoppt uns, erzählt wirres Zeug von einer Bombe oder einem bevorstehenden Steinschlag, es blickt keiner richtig durch. Endlich geht´s weiter nach Zhangmu (2300 m) zur Zollgrenzkontrolle mit sehr vielen chinesischen Beamten. Unser Gepäck wird komplett durchleuchtet, wir füllen die Zählkarten für China aus, aller drei Meter ist Passkontrolle, mehrmals, immer schön in einer Reihe aufstellen und immer lächeln, auch wenn es uns sehr schwer fällt bei diesen arroganten Lackaffen in pieksauberer, akkurat gebügelter dunkelgrüner Uniform mit den weißen Handschuhen. Auch einige „unauffällige“ Chinesen in grauem oder hellbraunem Anzug stehen herum, irgendwie erinnert uns das an früher in der DDR.

Endlich dürfen wir ins erste Hotel nach der Grenze links, in das Hotel Frobel, ein Riesenhaus mit spartanischen Vierbettzimmern ohne Wasser, aber mit Waschschüsseln. Die Toiletten sind im Keller zwei Stockwerke tiefer, ein penetranter Gestank empfängt uns an den Hockklos ohne Zwischenwände und ohne Türen. Aber wir sind in Tibet und stellen uns schnell auf die neuen Gepflogenheiten ein. Wir müssen jetzt noch Geld umtauschen für unsere Tibetreise, auf der Straße vor dem Hotel erwarten uns ca. 50 Geldtauscher, ich suche mir den vertrauenserweckendsten heraus, bitte ihn in die Lobby des Hotels, wo ihn der aufgeregte Hoteldiener mehrmals hinauswerfen will, nach meinem Zureden, das er mein Gast sei, darf er sich mit uns an den Tisch setzen und in Ruhe tauschen wir 200 $ = 460 DM in 1.620 chinesische Yuan für Mietzi und mich um, 1 US-$ = 2,30 DM, 1 US-$ = 8,10 Yuan und 1 DM = 3,50 Yuan.

Inzwischen ist es draußen dunkel geworden, sodass es für einen Fotorundgang leider nicht mehr reicht. Abendessen gehen wir in ein benachbartes Restaurant, auf meine höfliche Frage nach Hund und Katze auf der Speisekarte werde ich von der entrüsteten Kellnerin nicht mehr bedient, man wäre ein anständiges Lokal, so bestellen meine Mitreisenden für mich mit.

123 km - Fahrtzeit 11 (!) Std.
 



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