23. 05. 2013   ...Er zeigt uns an einem ersten Kamm den Weg zum in der Ferne aus den Wolken spitzenden Gipfel des Pikey Peak, erst allmählich weiter hoch auf einen Bergrücken, dann eine Strecke relativ in gleicher Höhe über mehrere Seitentäler, dann in ein Tal hinab und anschließend von dort bis zum Gipfel nur noch bergauf. Wir laufen allein weiter, nach über einer halben Stunde ziehen die Wolken unser Blaues Fenster wieder zu, die Landschaft verschwindet im Nebel. Wir kommen mehrmals an Wegabzweigungen, sind uns unsicher, sodass ich kurzentschlossen entscheide, wir gehen zur Lodge zurück. Dass Milan darüber froh ist, kann ich ihm ansehen. So haben wir den Aufstieg wenigstens versucht. Sogar auf dem Rückweg zur Lodge haben wir im Nebel Probleme, kommen auf einem anderen Weg zurück.

Wir sagen dem Lama Bescheid und nehmen erneut Abschied. Nun nehmen wir den normalen Abstieg über Kande (3320 m) nach Goyam (3220 m). In einer Lodge kaufen wir getrocknete Pilze und diverse Yakkäsesorten, ich nur Schnittkäse, 200 Gramm für 200 NPR, Milan eine Riesentüte braunen knochenharten getrockneten geräucherten Yakkäse. Er meint, es wäre eine Spezialität. Unterwegs versuche ich ein kleines Stück dieses verräucherten Käses im Mund klein zu kriegen. Nach einer halben Stunde spucke ich alles heimlich wieder aus, für mich ungenießbar. Der getrocknete weiße Yakkäse schmeckt dagegen weitaus besser und lässt sich auch im Mund gut erweichen. In der Lodge ruhen sich auch zwei andere Touristen aus, die von Jiri nach Lukla zum Everest gehen wollen. Die ersten Weißen, die ich hier sehe.

Zum Abschied fängt es pünktlich wieder mit Regnen an, wir pellen uns wieder an. In 2985 m Höhe durchqueren wir den Ort Dakachu, wir begegnen einigen mit Lasten riesigen Ausmaßes schwer bepackten Trägern, die sich Ihr Geld mit Transport von Waren in die höher gelegenen Dörfer verdienen. Als wir aneinander vorbeigehen, schauen sie nicht einmal hoch, müssen sich ganz auf jeden einzelnen Schritt und auf den Weg konzentrieren, ein falscher Schritt und die Last wäre verloren. Milan erzählt mir, dass diese Träger bis zu 150 Kilogramm tragen, sie werden nach Gewicht bezahlt, Niru meint später, bis 160 kg würden die stärksten Träger tragen. Dabei sind die Männer gerade einmal nur ca. 1,60 m groß.

Der uns umgebende Nebel lichtet sich kurz und wir haben Sicht ein Stück ins Tal hinunter, die Berge oder den Pikey Peak bekommen wir leider nicht zu Gesicht. Dafür weitere jüdisch aussehende Touris, die mit Rucksäcken riesigen Ausmaßes, schwitzend mit freiem Oberkörper und ohne nepalesische Begleiter an uns vorüber hasten.
Das Sherpa-Dorf Sete erreichen wir 11 Uhr, es ist komplett aus Holz erbaut und liegt auf 2510 m Höhe. Große graue Stupas stehen zwischen mehreren großen Lodges.

Danach beginnt der lange Abstieg hinunter ins Likhu Khola Flusstal nach Kinja (1630 m), das wir 12 Uhr 30 erreichen. Hier unten ist es heiß und die Sonne scheint. Mir brennen die Fußsohlen. Wir setzen uns an einem Restaurant unter ein Vordach ins Freie zum Mittagessen, wir bestellen Bratkartoffeln mit Gemüse und Käse, dazu einen heißen Kakao (170+80 NPR). Kurz darauf beginnt es zu gießen. Wir kaufen uns notgedrungen jeder einen der außen schwarzen und innen silberfarbenen neuartigen Regenschirme (490 NPR) mit langem Stiel und rundem silbernen Griff. So können wir im strömenden Regen weitermarschieren.

Wir wechseln über zwei Hängebrücken zweimal die Uferseiten und gehen dann allmählich wieder bergauf in ca. drei Stunden zu unserem Übernachtungsort Bhandar. Unterwegs kämpfen wir beide mit den nepalesischen Blutegeln, den Leeches oder Litschis, die im Regen vom glitschig-schlammigen Erdboden über unsere Schuhe zu unseren Beinen und Füßen hochkriechen und sich blutsaugenderweise zu schaffen machen. Dabei gehen sie so vorsichtig vor, dass man die Biester erst bemerkt, wenn sie schon ihren Durst gestillt haben oder noch beim Saugen sind. Am Abend kann ich ca. 10 Bisse zählen. Der Weg zieht sich in Serpentinen erst auf freien Hängen, später im Wald hoch, manchmal sind wir gezwungen, in kleinen Wasserfällen voran zu kommen. Trotzdem muss ich sagen, dass meine neuen Lowa-Bergschuhe aus Kunststoff mit Gore-Tex-Membrane innen nicht sehr nass geworden sind und gut dicht gehalten haben.

Wir erreichen im Regen das langgezogene Dorf Bhandar oder auf Sherpa Changma (2190 m). Milan sucht lange nach einer ansprechenden netten Lodge für uns, nach einer halben Stunde werden wir fündig, direkt neben dem Kloster liegt die schöne „Andawa Lodge & Restaurant“, ganz große Empfehlung. Wir bekommen beide ein sauberes Zimmer mit sauberen frisch bezogenen Betten für zusammen 200 NPR, der Blick aus dem Fenster ist fantastisch, ich blicke genau auf das Gelände mit den großen Stupas des Klosters. Auch die Hocktoiletten und die Duschräume, wo man gegen ein Entgelt mit Hilfe eines Gasdurchlauferhitzers warm duschen kann, sind pieksauber und geruchlos.

Der junge Pächter ist sehr freundlich und hilfsbereit, er lebt mit Frau und Kindern in  einem Raum im Erdgeschoss. Der Besitzer namens Ang Dawa ist Sherpa und lebt in den USA. Die Speisen und Getränke, die man von einer reichhaltigen mehrseitigen Menukarte bestellen kann, sind vielseitig und preiswert. Es gibt neben local chhaang (chhyang – 200 NPR / jug) und local rakshi (50 NPR / cup) hier auch Tongba (200 NPR / jug) s. u., mein nepalesisches Lieblingsgetränk aus vergorener Hirse. Ich bin begeistert. Für den Abend bestellen wir steamed momo, also gekochte Teigtaschen mit Gemüse-, Ei- und Käsefüllung. Wir sind wieder die einzigen Gäste hier und verbringen die Zeit im großen Aufenthalts- und Speiseraum der Lodge. Hier steht auch ein Computer mit Internetanschluss, es gibt Steckdosen und Energiesparlampen erhellen die Räume. Der Besitzer ruft heute für uns in unserem Zielort Shivalaya an und lässt dort 2 Busplätze für uns reservieren für übermorgen nach Kathmandu.

+ 155 m / - 155 m in 0:50 Std. (o. P.) versuchter Aufstieg Pikey Peak
+ 760 m / - 2085 m in 9:20 Std. (1,5 Std. Pause)

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