03.02.2010 ... Ein Stück fahren wir auf der Straße 12 nach Osten, dann biegen wir nördlich in einen staubigen Fahrweg ein. Langsam nähern wir uns den gewaltigen steilen grünen Karstbergen, die wie eine Fata Morgana aus der flimmernden Landschaft auftauchen. Auf dem Dach des Tuk-Tuk hat man die beste Sicht. Man muss sich nur gut festhalten. In der Trockenzeit ist der Fernblick durch Dunst und staubige Luftschichten getrübt. Zur Monsunzeit soll die Sicht wesentlich klarer sein, sagt uns der Führer Mr. E. Unsere wenigen Sachen haben wir in Tagesrucksäcken verstaut, die großen Sachen verblieben derweil im Hotel in einem verschlossenen Raum, in den aber jeder mit dem Schlüssel reinkann, wenn er will.

Zuerst besuchen wir die Schule im Dorf Ban Phon Dou. Im nächsten Dorf Ban Na treffen wir unsere lokalen Führer, die uns auf verschlungenen Pfaden in die Höhlen der hohen Karstberge führen. In der Regenzeit ist hier fast alles überschwemmt, die Bewohner betreiben dann auch Fischfang. Jetzt aber können wir die vielen kleineren und größeren Rinnsale gut über- oder durchqueren. Es geht heute ohne wesentliche Höhenmeter durch die Landschaft. Oft in ausgetrockneten Flussbetten entlang. Wir treten direkt an einen riesigen Karstberg heran, ja können sogar unter dessen bizarren, metertief ausgezackten überstehenden Rand darunter entlanglaufen.

Hier kommen wir zur Tham Khai Nao Höhle, die Sage weiß von einem riesigen Mangobaum, dessen Früchte immer in das Wasser an der Höhle fielen und deshalb die Tiere und Menschen her kamen. Innen bewundern wir dank unserer Stirnlampen viele schöngeformte teils bizarre Kalksteingebilde, die von der Decke und an den Seitenwänden hängen. An manchen Stellen finden wir Spinnennester, dessen langbeinige Bewohner beim Anleuchten auf unser Licht zukrabbeln, sehr zum Entsetzen unserer weiblichen Höhlenbesucher. In einer Kalkspalte entdecke ich einen Spinnengeneral, dessen Hinterleib fast hühnereigroß und ca. 4 cm lang ist, hier kennt die Angst unserer Frauen keine Grenzen mehr. Wir erfahren, dass die Laoten die Spinnen, die es während des Monsuns in Massen gibt, fritieren und dann knabbern, eine Delikatesse, wird mir versichert. Man oder besser Frau schüttelt sich angewidert bei meiner süffisanten Übersetzung.

Wieder draußen im Hellen erläutert unser Führer uns die Bedeutung eines naked tree, eines nackten Baumes, dessen Rinde von den Einheimischen bei Magenproblemen als Tee genutzt wird. Andere Bäume werden ausgehöhlt und das darin sich sammelnde flüssige Harz für Lampen zur Beleuchtung verwendet. Unsere Führer haben drei Jahre studiert und in dieser Zeit als Mönch gelebt mit allen Einschränkungen hinsichtlich der weltlichen Dinge einschließlich der Keuschheit, des Entsagens des Abendessens, des Alkohols und des Rauchens. Nach dieser Zeit wurden sie wieder normale weltliche Bürger. Man kann in Laos als gläubiger Buddhist ebenso in der kommunistischen Partei sein, so eng wird das hier nicht gesehen.

Am Nam Don Resurgence befindet sich eine riesige, 50 m hohe und mehrere hundert Meter lange Wasserhöhle, durch die ein Wasserlauf fließt. Hier treffen wir andere Touristen, die sich im Wasser tummeln und auf ihr Mittagessen warten. Auch für uns werden frische Fische über dem Feuer geröstet. Gegessen wird mit den Fingern von Plasttellern, die  auf frischen grünen Blättern stehen, Klebreis in den typischen geflochtenen runden Etuis ist bei den Mahlzeiten immer dabei. Wir schwimmen noch ein wenig in und vor der Höhle, mit unserem Mr. E paddele ich um die Wette, er gewinnt alle Kategorien. Dann geht es gestärkt weiter durch den heißen Dschungel.

In der nächsten Höhle, der Tham Pha Chan Höhle, einer riesigen 50 m hohen und 700 m langen Wasserhöhle gehen wir mit unseren Begleitern gemeinsam schwimmen und nach Durchqueren eines dunklen Ganges kommen wir zur eigentlichen Buddha-Höhle mit Treppenstufen, die zu einem Altar mit zwei mit Goldfarbe bemaltem Buddhastatuen aus Beton führen. Hier stehen viele kleinere Buddhas aus Sandelholz, die von den hierher zum Beten und Feiern pilgernden Dorfbewohnern aufgestellt wurden. Dies gab der Höhle auch ihren Namen. Unser Führer Mr. E erzählt uns, dass früher hier wertvolle Statuen aus Gold und Silber standen, diese aber während der Kriegswirren zwischen Laos und Thailand alle gestohlen wurden. Bei diesen Höhlen-Festen sind viele Menschen anwesend, es werden dabei drei volle Tage und Nächte heilige Zeremonien abgehalten und auch viel Lao Lao getrunken.

Wir erreichen eine hohe dünne grauschwarze Stupa, die Muang Phon Stupa, deren Inneres Überreste wichtiger verstorbener Persönlichkeiten birgt.

Am Nachmittag erreichen wir unser heutiges Ziel, das ethnische Dorf Phon Tong, in dem wir übernachten werden. Die ca. 20 Häuser sind alle aus Holz und auf Stelzen gebaut. Es gibt einen tiefen Dorfbrunnen, zu dessen Grundwasserspiegel die Frauen an einer überlangen Stange einen kleinen Eimer hinablassen, ihn füllen, hochziehen und in die beiden großen 20-Liter-Plasteimer füllen. Diese werden an die Enden einer biegsamen Bambusstange eingehängt und leichtfüßig in das jeweilige Haus getragen. Wir werden zu einer der größten Hütten geführt, hier dürfen wir ohne Schuhe im ersten Stock unser Domizil, eine große Terrasse mit einem Schlafraum mit Matratzen, Decken und Kopfkissen, sowie Moskitonetzen in Besitz nehmen. Im Haus wird auch für uns auf offenem Feuer gekocht. Aber unser Haus hat schon den Luxus eines Elektromotors, der das Brunnenwasser mittels einer Pumpe direkt zum Haus fördert. Ja es gibt hier sogar schon Strom, wie fast überall in Laos. Hinter dem Haus wurden extra für Touristengruppen ein Betonhäuschen mit Duschkammern und WC gebaut. Duschen kann man, indem man sich mit einem kleinen Schöpfer aus der großen Wassertonne Wasser über den Körper gießt, eine herrliche wohltuende Erfrischung in der schwülen Hitze des Nachmittags. Das Dorf ist mit dem Songtheo zu erreichen und es gibt auch einen kleinen Dorfladen, den man sofort an den markanten gelben Beerlao-Kästen erkennt. In einem Haus werden die Reiskörner vom Spreu getrennt mit einer Wippe, auf deren kurzes Ende getreten wird und dessen langes mit einem Stößel versehene Ende in die Holzschale mit den Körnern stößt und diese dabei von den Spelzen trennt. Eine mühselige Angelegenheit, da anschließend noch mit einem flachen Bambusteller die Spreu heruntergeschüttelt und –geblasen werden muss, sodass nur noch die guten Körner übrig bleiben. Vor unserer Hütte ist ein niedriges Volleyballnetz gespannt, über das gleich die beiden Führer und unser sportlicher Franzose sich einen kleinen Rattanball geschickt zuspielen.

Heute findet auf der für uns bequem mit Matratzen und Kissen ausgelegten Terrasse nach dem reichlichen guten laotischen Abendessen eine animistische Zeremonie statt, die Baci. Hierbei werden die herumflatternden Seelen eines Menschen wieder an seinen Körper gebunden. Die ältesten und angesehensten Männer und im Hintergrund auch die Frauen versammeln sich um uns. Alle sind sauber gekleidet. Die Frauen bereiten einen Gabentisch vor, um damit den Seelen die Rückkehr schmackhaft zu machen. Auf einem silbernen Tablett werden dekorativ kegelförmig zusammengerollte Bananenblätter mit Klebreis arrangiert. Daran hängen an dünnen Stäben dicke weiße Baumwollfäden. Ringsum sind einige Snacks wie Waffeln oder Kuchen gelegt. Ein älterer Mann führt die Zeremonie durch, der Reihe nach legen wir die Hand auf das Tablett, darauf kommt ein Glas mit Lao Lao und ein Stück Gebäck. Mit der anderen Hand fassen wir uns an den Kopf. Der Mann spricht einige Sätze, um die Götter einzuladen, am Mahl teilzuhaben. Anschließend wird die Seele aufgerufen, in den Körper zurückzukehren. Dann bekommen wir den Baumwollfaden mit guten Wünschen um das Handgelenk gebunden. Er muss mindestens drei Tage am Arm bleiben, damit die Seele im Körper bleibt. Auch später darf er niemals zerschnitten, sondern muss aufgeknotet werden. Der starke Lao Lao wird von allen ausgetrunken, ohne zu zucken. Auch wir führen die Zeremonie bei jeweils einem der Anwesenden durch, wünschen Ihnen auf englisch alles Gute und viel Glück, unsere Führer übersetzen für uns ins Laotische.

Danach werden laotische Lieder gesungen und auf seltsamen selbstgebauten Instrumenten begleitet. Eines ist eine Bambusorgel, ein anderes eine kreisrunde Panflöte aus Bambus, dazu eine Trommel. Alle klatschen dazu im Takt mit den Händen. Unsere jungen Mitreisenden singen ein Lied von Oasis. Dann wird noch etwas getanzt, besonders der junge Franzose sorgt mit seinen leicht rock´n´rollartigen Drehungen beim Tanzen für allgemeine Aufmerksamkeit. Später am Abend regnet es etwas, fern hören wir ein Gewitter grollen. Gemeinsam übernachten wir alle im oberen Stockwerk unseres Gasthauses.
 



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