05. 06. 2006   ...Wir kommen an Sipsip (4320 m) vorbei zu einem  riesigem Felsbrocken. Es folgt ein schlammiger, vor kurzem noch mit Schnee bedeckter Erdhang, der sich 200 m hinauf zieht, nur auf den seitlichen Bergen ist Schnee zu sehen. Wir haben Glück, nach 470 Aufstiegsmetern in 1,5 Std. erreichen wir in 4480 m Höhe den Pass Nara La, am großen mit Gebetsfahnen und -schals geschmückten Steinhaufen ruhen wir uns aus, genießen den Rückblick und vor allem den fast wolkenfreien Ausblick auf die tibetische Hochebene mit seinen hohen Bergen, die grünen Gerstenfelder vom Grenzort Sera und das wieder zu uns stoßende Humla Karnali Tal. Der steile Abstieg war erst  vor 2 Tagen gefährlich vereist.

Yakkarawanen, begleitet von Pferden und fröhlichen Menschen kommen uns aus Tibet entgegen. Wir gehen links hinunter auf unscheinbaren Geröllwegen, die zukünftige Straße führt in langen Serpentinen durch die kahlen Berghänge über uns. Sanga mit seinem weißen Kopftuch voran singt uns ein nepalesisches Lied, ermahnt uns, in den steilen Gerölltälern nicht stehen zu bleiben und die Augen nach oben offen zu halten, wir können entfernt einige kleinere Geröllabgänge beobachten. Der Abstieg (19 Meter pro Minute) geht in die Beine, wir nehmen den leichteren unteren Pfad, er windet sich in ca. 3970 m Höhe in Uhrzeigerrichtung um die Berghänge herum. Der 150 Meter höhere kürzere Weg ist an einigen Stellen von Erdrutschen, die nur schwer umgangen werden können, blockiert. In den Canyons ist es sehr heiß und trocken. Der Weg nimmt noch einen letzten steilen Aufschwung, führt dann staubig ins Tal hinunter ans linke Ufer des Humla Karnali. Es ist dann noch ein Spaziergang von wenigen Minuten am Fluss entlang nach Hilsa (3660 m).

Hier liegt eine spürbar unangenehme knisternde Spannung in der Luft, von weitem schon erkennen wir den Grund, die leuchtend rote Fahne der Maoisten ist an der Grenzbrücke angebracht. An ihrem arroganten Auftreten, teilweise an ihrer Kleidung erkennen wir einige von ihnen, sie tragen gute Anzüge, gefleckte chinesische Armeeuniformen und stellen offen ihre Waffen, Pistolen und Gewehre zur Schau. Gerade auch die blutjungen Frauen der Maoisten sind sehr von ihrer Sache überzeugt, tragen Uniformteile und chinesische Armeemützen. Wir ruhen uns auf der Campwiese am Flussufer an einem Lodgehotel aus, nach einiger Zeit schlendern acht Maoisten lässig zu uns heran, darunter ein chinesischer Offizier in Zivil mit fiesem Gesicht, den wir am nächsten Morgen an der Grenzstation in China wiedersehen. Sie mustern uns mit herausfordernden Blicken, betatschen unsere Sachen, die Zelte, unsere Wanderstöcke, zwei fragen uns, ob wir aus Simikot kommen und zum Kailash wollen, Witz antwortet einsilbig: nichts verstehen...Wir lassen uns natürlich nicht provozieren, lächeln die Leute an, wenn auch sicher etwas gequält.

Sie rücken bald wieder ab. Am Fluss wasche ich mir Haare und Oberkörper, wir laufen schon mal probehalber über die große Hängebrücke ans andere Ufer, mit Fotos halten wir uns zurück, die Maoisten möchten nicht abgelichtet werden, schlechtes Gewissen? Vor der Lodge lassen sich einige Dorfschönheiten sehen, Sanga ist ganz aus dem Häuschen, endlich bessert sich auch unsere Laune, die Maos werden wir schon in den Griff kriegen, was? Zum Abendessen erscheint dann der langerwartete Handlanger des Maoistischen Bheri-Karnali Autonomous Republican Government, wie sie sich selbst stolz bezeichnen. Eiskalt serviere ich ihn ab und bestelle ihn für morgen zum Frühstück wieder, betreten zieht er davon. So habe ich noch etwas Zeit, mir Argumente gegen die 100 Dollar Raubritterzoll einfallen zu lassen, nützen wird es freilich nichts.

 + 595 / - 950 m in 5,5 Std. (1 Std. Pause)         

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