26.09.2009 ...Wir bekommen einen Begrüßungstee im Empfangsbüro gereicht. Wir fragen nach einem 13-jährigen tibetischen Schüler, den Eva, eine Freundin aus Chemnitz materiell als Patin unterstützt. Er lebt und lernt aber 200 km von hier in Hanley, kommt erst nächstes Jahr hierher. Wir werden von einem Angestellten durch das weitläufige Dorf geführt, er erzählt uns die Geschichte der Tibetischen Kinderdörfer in Indien. Das weltweit gespendete Geld trägt dazu bei, ein Volk und seine Kultur vor der völligen gezielten Vernichtung durch die Chinesen zu bewahren. Der Grund und Boden ist vom indischen Staat, alles andere nur durch Spenden finanziert. Insgesamt werden im Norden Indiens mehr als 15.000 bedürftige Kinder betreut. Hier im Vorort von Leh sind ca. 2400 Kinder von tibetischen Emigranten, die vor der chinesischen Schreckensherrschaft fliehen mussten, untergebracht. Auch geben viele tibetische Familien ihre Kinder hierher, weil im eigenen Land die Schulmöglichkeiten äußerst schlecht sind und das chinesische Schulsystem zur Unterdrückung der kulturellen Identität der Kinder eingesetzt wird. Der Unterricht findet in chinesischer Sprache statt und die tibetische Sprache und Kultur werden systematisch verunglimpft. Aufgrund der Hoffnungslosigkeit der Lage sehen sich die Eltern gezwungen, sich von ihren Kindern zu trennen und sie schweren Herzens außer Landes zu schicken, um ihnen eine Zukunftschance zu geben.

Es gibt hier in Leh-Choglamsar drei Bereiche, die Kindergarden Sektion von 3 bis 6, die Junior Sektion von 7 bis 13 und die Senior Sektion von 14 bis 16 Jahren. 250 Angestellte und Betreuer, darunter 150 Lehrer gibt es hier. Wir besuchen den Unterricht in der Kindergarden Schule, ca. 40 Knirpse lernen hier gerade in kleineren Gruppen mit ihren Lehrerinnen das Lesen. Alle sind sauber angezogen in einer einheitlichen schmucken Schulkleidung. Die 3 bis 13-jährigen Kinder sind in Familiengruppen, den „Khimtsang“ wie Geschwister untergebracht, erfahren so Liebe, soziale Wärme und Sicherheit. Pflegeeltern betreuen ca. 30 Kinder in einem eigenen Haus und eigener Küche mit angeschlossenem Garten. Sie leben wie eine Großfamilie, alle bekommen ihre Aufgaben, teilen sich die Haushaltspflichten mit ihren „Eltern“, werden früh an das Leben in Indien gewöhnt. Die 14 bis 16-Jährigen leben in nach Jungen und Mädchen getrennten Hostels. Sie alle erhalten eine ausgezeichnete Schulbildung, viele von ihnen werden danach studieren und einen guten Beruf ausüben können. Auch die tibetische Sprache, Kultur und Religion wird ihnen beigebracht. Bis zur 10. Klasse wird hier in Choglamsar unterrichtet, die weitere Bildung erhalten sie meist in Dharamsala, dem heutigen Sitz seiner Heiligkeit, des Dalai Lama und vieler Exil-Tibeter, nicht weit von hier ebenfalls in Ladakh gelegen. Es gibt dort auch eine neue Universität, Berufsausbildungszentren und ein eigenes Lehrer-Ausbildungszentrum. Hier gibt es Spielplätze, einen großen Sportplatz mit einer Mehrzweckhalle und einer großen Chörten und viele andere Einrichtungen. Alle Kinder und Jugendlichen machen einen gelösten frohen und glücklichen Eindruck. Wir begleiten in der Mittagspause einen 3-jährigen Jungen zu seiner Familie, zu seiner Mutter und seinen Geschwistern. Vor dem Essen sprechen alle ein Gebet und singen ein Lied, bekommen dann eine Schüssel mit Reis, Spinat und Gemüse. Wir sind sehr ergriffen von der Atmosphäre dieser Einrichtung und spenden spontan 50 Euro im Büro.

Unser Taxifahrer hat auf uns gewartet. Für alle Entfernungen und Ziele hat die Taxi-Genossenschaft eine Festpreistabelle, die man auch einsehen kann. Wir zahlen 300 Rp. inklusive Trinkgeld. Für morgen machen wir gleich einen neuen Termin mit ihm aus, sein Freund wird uns morgen früh  abholen zu einem neuen Ausflug. Zurück in Leh suchen wir das versteckt gelegene Büro von Kingfisher, unserer Fluggesellschaft, die uns von Leh zurück nach Delhi fliegen soll. Auf die Frage, ob sie unser Flugticket checken können, bekommen wir die Antwort, da müssen Sie schon zum Flughafen fahren und dort persönlich nachfragen, ein feiner Service. Wir machen einen Rundgang durch die Stadt. Um einen Überblick zu bekommen, besteigen wir das Minarett der großen Moschee, die Aussicht auf Leh von oben ist prächtig. Leider sind es die Beziehungen der Moslems zu den Buddhisten nicht immer. Daneben im Leh View Restaurant speisen wir italienisch, Lasagne mit Tee und Cola. Danach steigen wir durch die schmalen verwinkelten, teilweise unterirdischen Gassen der Altstadt 80 m zum alten Königspalast auf dem Tsenmo-Hügel hoch. In seinen hellbraunen Naturfarben ragt er 9-stöckig wie ein kleinerer Bruder der Potala in Lhasa empor. Er wurde im Jahre 1633 von Tsewang Namgyal begonnen und von seinem Neffen Senge zu Ende gebaut. Seit einigen Jahren wird er ausgebaut, die oberen Etagen sind schon fast fertig, ein Museum befindet sich auch drin.

Auf einem schmalen Geröllweg klettern wir weitere 100 Höhenmeter hoch zum Gonkhang. Unterwegs einige Gompas und Tempel, teilweise geöffnet. Im Tempel von Gonkhang, errichtet 1530, werden die zornvollen Beschützer verehrt, ein Mönch lebt hier oben  und bewacht alles. Von einem nahegelegenen Hügel genießen wir einen wunderbaren Blick auf die komplette Stadt. Es ist heiß in Leh, wieder unten angekommen, haben wir Durst auf ein Bier. In einer Pizzeria wird uns gesagt, heute ist dry day, trockener Tag. Pech gehabt, an diesen Tagen bekommt man in Restaurants kein Fleisch und keinen Alkohol in Ladakh. Der verschmitzt lächelnde junge Kellner bittet uns dann in den hinteren Bereich der Gaststätte, wo er mir trotzdem ein gut gekühltes  Kingfisher Beer kredenzt. Ich wickle eine Serviette um mein Glas und stelle die Flasche auf den Boden ans Tischbein, wohl bekomms. Zum Abendessen treffen wir uns wieder alle gemeinsam im Summer Harvest, heute wegen dry day eben vegetarische Momos mit Tomatensuppe und Tee. Ein dem Alkohol höriger Auskenner am Nachbartisch schenkt sich gekonnt lässig aus einem Flachmann ein.

 



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