12. 10. 2010 Kurz nach dem höchsten Punkt, einem 500 Meter über dem Seespiegel liegenden Pass mit Gebetsfahnen, trotteln vor uns einige Yaks, lassen sich von uns nicht stören, wollen auch nicht beiseite gehen und vom Hauptweg abweichen. Phadindra führt uns vorsichtig im steilen Gelände unterhalb der Tiere vorbei. Abwärts geht es auf einer zentimeterdicken hellgelben feinen weichen Staubschicht. Im farblichen Gegensatz dazu das kräftige Dunkelgrün der Wacholderbüsche, die sich die Hänge hinunterziehen, das leuchtende Rot spitzstachliger Sträucher, das gescheckte Weiß der vom Winde zerrupften Birken, die ihre Arme nach allen Richtungen in das perfekte Azurblau des komplett wolkenlosen Himmels ausstrecken und die glänzendbraunen Felsen über dem milchigen Türkis des Sees. Wir brechen in Lobeshymnen aus. Wir queren ein Seitental, in dem uns Bibash mit heißer Limonade erwartet. Alle sind begeistert, als Robert noch eine Tafel Schokolade aus seinem Rucksack dazu zaubert, kennt die Freude keine Grenzen. Am anderen Seeufer sehen wir bereits die Häuser der Ortschaft Phoksundo. Kurz vor dem Ort führt der Weg ca. 20 Meter oberhalb des Sees auf einem wunderschönen sehr schmalen Panoramaweg an ausgehauenen engen senkrechten Felsen entlang, hier müssen die Maultiere entladen und das Gepäck von den Treibern selbst auf dem Rücken transportiert werden. Vor drei Wochen erst ist an dieser Stelle ein Tier mit Gepäck abgestürzt und ertrunken. Wenn einem hier Yaks entgegenkommen, wird es braun (evtl. auch weiß oder schwarz, je nach Fellfarbe). Auf der rechten Seite des natürlichen Abflusses des Sees liegt auf Terrassen unser bereits sichtbares Camp. Links ein verlassenes Armeegelände und dahinter ein großer Wald.


13 Uhr erreichen wir Phoksundo oder Ringmogaon auf 3733 m Höhe. Der See liegt laut einer Infotafel 3650 m hoch, ist 5,5 km lang, max. 800 m breit und nimmt eine Fläche von 4,5 qkm ein. Rückblickend sehen wir gegenüber unseren Weg, der sich steil den Berghang hinunterzieht. Die Küche hat in einem gemauerten Kabuff mit Holzdach Stellung bezogen, die beiden Kocher rattern schon eine Weile. Später nur noch einer, da der andere seinen Geist für den restlichen Treck aufgibt, auch stundenlange Reparaturversuche schlagen fehl. Dipak muss schon sehr zirkeln mit nur einem Kocher. Bald gibt es das Mittagessen. Danach steht das Duschzelt der Reihe nach für uns zur Verfügung.


Am Nachmittag besuchen wir den Ort, verköstigen an einem Restaurant endlich wieder einmal ein Bierchen. Wir laufen zwischen den hohen tibetischen Wohnhäusern mit ihren holz- und strohbedeckten Dächern entlang zur Dorf-Chörten, die auch als Lagerraum dient. Auch einige einfache Lodges, die stolz die Namen „Sherpa Hotel and Lodge“ und „Trekkinghotel“ tragen, gibt es. Unsere TrekkerInnen feilschen noch um einige Ketten mit Türkis, Xi-stein und Korallen, die die Hotelbesitzerinnen Ihnen anbieten. Kurz vor der Dunkelheit laufen wir auf einer Holzbrücke über den aus dem See entstehenden Fluss. An der weitläufigen Bucht gehen wir am Seeufer bis zur gegenüber liegenden altehrwürdigen Tsova oder Thasung Tsoling Gompa, einem der raren Bön-Kloster. Ein älterer und ein jüngerer Mönch begrüßen uns. Eintritt kostet 200 Rupees. Die Buddhas heißen bei den Bön anders und sehen etwas anders aus als in den tibetisch-buddhistischen Gompas. Nach dem normalen 500 Jahre alten Kloster schließt uns der Mönch noch die Tür zu einem Schatzkästlein auf, einem noch viel älteren winzigen Schrein mit originalen alten Utensilien, u. a. einem weißen Buddha und einem grünen Holzbuddha mit 18 Armen und 9 Köpfen. In der Klosterküche sitzen einige Frauen und Männer beim Buttertee. In der einbrechenden Dunkelheit ist von der türkisen Farbe des Sees nichts mehr zu sehen. In der verlassenen Armeestation untersucht nur ein einsamer Yak die für ihn zu enge Inneneinrichtung eines Plumpsklos. Da er nicht wenden kann, hat er Schwierigkeiten, den Rückwärtsgang zu finden. Neben den verlassenen leeren Häusern Schützengräben, Stacheldraht und MG-Nester mit Sandsäcken. Unterhalb ein neues Haus, die Post von Rigmo, wie auf einem Schild zu lesen ist. Auch eine mit Steinen ausgelegte Rubbish-Grube gibt es.

Unser Koch Dipak hat heute für unsere gesamte Trekkinggruppe eine kleine 15 kg schwere Ziege für 5.000 Rupees gekauft, wir freuen wir uns schon auf das leckere Abendessen. Inzwischen sind auf unserem Camp noch drei Touristen aus München eingetroffen, sie werden die Dolpo-Tour bis Jomson laufen. Der 60-jährige Günther sponsert die Schule in Saldang, hat zum jährlichen großen DAV-Summitclub-Treffen in Berchtesgaden einen eigenen Stand. Er reitet auf seinem für 120.000 Rupees am Touranfang gekauften Pony den gesamten Weg ins Obere Dolpo. Dirk, ein sympathischer, 1984 dem Osten Deutschlands den Rücken gekehrter ehemaliger Meißener und eine Deutsch-Kalifornierin, die schon 20 Jahre in München wohnt, begleiten ihn. Auf unserem Zeltplatz steht ein grünes chinesisches Armeezelt, das ein Restaurant beherbergt. Wir besuchen es abends, verkosten den guten einheimischen Chang und den Rakshi, unterhalten uns mit den tibetischen Besitzern und den anderen Gästen. Der Grundstücksbesitzer bekommt pro Touristenzelt 250 Rupees Campinggebühr. Phadindra begleitet uns, passt auf, dass wir uns nicht zu viel des Guten eintun. Bringt uns dann vorsorglich wieder an unser Zelt. Nachts wache ich halb 2 auf, im Rakshizelt wird immer noch unkontrolliert gesungen und gegrölt.

+ 530 / - 510 m in 5 Std. (1 Std. Pause)
 



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