13.10.2008 ...Über eine Brücke gelangen wir an den Aufstiegsweg hoch zum Eisfall. Bei einer kleinen Rast 300 m weiter oben will ich gerade eine hübsche bunte langhaarige Raupe berühren, da wird meine Hand festgehalten, bitte nicht anfassen, giftig. Sie würde auf der Haut schlimme Schwellungen verursachen. Außerdem kommt irgenwann kein Schmetterling aus ihr, sondern sie bleibt, was sie ist, ein gefährliches Räupchen. Auf dem felsigen Weg weiter nach oben bewegen wir uns zwischen großen Pinien, einer Art Fichten. Es wachsen viele Heilpflanzen hier, gegen Höhenkrankheit, gegen Magen- und Kopfschmerzen usw. In Nepal wird diese Kunde noch in der Schule gelehrt, unsere beiden Führer kennen sich gut aus. In Europa reicht es, in der Apotheke sündteure chemische Pillen zu kaufen. Die Pharmamilliardäre haben sicher kein Interesse daran, die Bevölkerung über Naturheilkräuter aufzuklären. Yogesh und Hems wissen von einem seltenen wertvollen schwarzen und weißen Kräutlein, ein Allerheilmittel für alle Gebrechen, inklusive Potenzproblemen, das ab einer Höhe von 4000 Meter zu finden ist, von der ein Pflänzchen 200 Rupees, ein Kilo davon eine Million Rupees einbringen soll.

Der steile Weg ist teilweise mit Treppenstufen befestigt, einige Schilder weisen uns den Weg zum Eisfall. In 3500 m Höhe erreichen wir eine zur Zeit unbesetzte Hirtenhütte mit geflochtenem halbrunden Bambusdach. Davor ein Korral aus Steinen mit einem dicken Strick, an dem aus Holz gebogene Ösen befestigt sind, hier werden jeden Morgen die Naks gemolken. Der Blick nach oben lässt unsere gute Laune einfrieren, Wolken wabern über die Hügel. Hems sagt, es wäre nicht der Dhaulagiri Ice Fall, sondern der Cloud Fall. Weiter oben beginnt es in 3700 m Höhe leicht zu hageln, wir beschließen trotzdem, bis zum letzten sichtbaren Schild aufzusteigen und dann umzukehren. Im Tal ist eitel Sonnenschein, man kann förmlich die Touris sich in ihren Liegestühlen räkeln sehen, wie sie sich von muskulösen, gut eingeölten Nepalesen massieren und mit Marihuanawedeln würzige frische Luft zuwedeln lassen. Und wir schinden uns hier hoch bei Nebel und Regen wie die Bekloppten. Jeder wie er´s braucht. In 3900 m Höhe erreichen wir kurz nach 14 Uhr das letzte Schild: den Dhaulagiri East Ice Fall View Point, den einmaligen vielgepriesenen Aussichtspunkt auf den östlichen Gletscher oder Eisfall.

Nur das es zur Zeit mehr ein Wolken- oder Nebelfall ist. Na wenigstens haben wir von Larjung aus einige Fotos von diesem gemacht. Trotzdem, ein Gipfelbild muss sein, auch wenn wir uns den Hintergrund denken müssen. Beim Abstieg haben wir Glück, in der oberen Hütte bekommen wir vom Besitzer frisch gezapfte dicke Nakmilch vom Morgen angeboten, sehr fettig und klumpig, aber lecker und sättigend. Danach kocht er uns auf seinem kleinen Feuerchen tibetischen Tee mit Yakbutter und Salz. Yogesh gibt ihm 100 Rupees dafür. Vor dem leichten Regen finden wir Schutz in dem winzigen verqualmten Unterstand.

 Auch können wir mehrere seiner weidenden Yaks auf die Chipkarte unserer Kamera bannen. Obwohl der Weg laut Hems weiter und schwer zu finden ist, wollen wir auf der Rücktour die beiden Seen besichtigen. Auf 2725 m Höhe erreichen wir den Sekong Lake, einen der heiligen Seen in Mustang, laut Schild findet hier jährlich Ende April eine neuntägige Yakblut-Trinkzeremonie statt, na dann Prost, mein Freund. Wir umrunden ihn, suchen dann in leichtem Unterholz den Weg hinüber zum Wald. Das Problem ist nur, dass zwei steile Schluchten dazwischen liegen, die senkrechte überhängende Talwände haben. Uwe und Ralf werden leicht nervös, suchen wie aufgescheuchte Hühner nach einem Ausweg. Ich verlasse mich auf den Spürsinn von Yogesh, der mit schlafwandlerischer Sicherheit den richtigen Weg über die zwei Flüsse findet. Und das mit seinen 20 Jahren. Der zweite See liegt langgestreckt inmitten eines dichten Wacholderwaldes, am Ende des Weges an seiner linken Seite erreichen wir eine mauerbegrenzte Weide. Auch hier findet Yogesh den winzigen Pfad, der uns rechts hinunter zu einem weiteren Minisee und dann nach einigen Minuten durch den Busch endlich auf den breiten richtigen Weg leitet, der auf der rechten Hangseite des Seitentals von heute früh offiziell zu den beiden Seen hinauf führt. Unten an der Straße steht ein Schild: 20 Minuten zum Bhuthurcho Lake.
Wir atmen auf, da es auch schon ziemlich spät ist. Im Eilmarsch laufen wir die Straße zurück nach Larjung...

 + 1465/ - 1465 m in 10 Std. (1:30 Std. Pause)
 

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